Für das kommunale Bündnis LAUSITZRUNDE nahm die Sprecherin Christine Herntier an der Vorstellung und Diskussion des Papiers teil. Gemeinsam mit dem Präsidenten der BTU Professor Dr. Jörg Steinbach und dem Hauptgeschäftsführer der IHK Cottbus Dr. Wolfgang Krüger wurde in den Statements deutlich gemacht, welche Auswirkungen ein übereilter Kohleausstieg für die Region bedeuten würde.

Statement der LAUSITZRUNDE zur 3. Säule kommunale und regionale Infrastruktur des Positionspapiers der Agora Energiewende

 

Das Positionspapier der Agora Energiewende anerkennt, dass sich die Lausitz durch die Klima- und Energiepolitik des Bundes und der EU vor einer großen Herausforderung durch einen notwendigen rasanten Strukturwandel befindet. Die Lausitz, abseits großer Ballungsräume, steht zusätzlich zu den dringend notwendigen wirtschaftlichen Neustrukturierungen vor der Aufgabe, einen demographischen Wandel auch dadurch zu gestalten, dass die Attraktivität der Region für junge Menschen deutlich verbessert wird. Infrastrukturmaßnahmen spielen dabei eine entscheidende Rolle.
Bereits in ihrem Brief an die Bundeskanzlerin im Juni 2016 haben die Mitglieder des kommunalen Bündnisses LAUSITZRUNDE Lösungsvorschläge unterbreitet, die jetzt auch Bestandteil des Positionspapiers der Agora Energiewende sind.
Die Mitglieder der LAUSITZRUNDE fordern eine Leitbilddiskussion an der sie federführend beteiligt werden.
Schon lange geforderte und überfällige Investitionen in Schiene und Straße müssen erste Priorität bei den Ländern Brandenburg und Sachsen und beim Bund bekommen. Nur durch eine moderne, schnelle und leistungsstarke Anbindung der Lausitz an die Ballungsräume Berlin, Leipzig aber auch nach Wroclaw kann es gelingen, Menschen in Ihrer Lausitzer Heimat zu halten und neue Bewohner mit attraktiven Angeboten für ein Leben in der Lausitz zu interessieren. Es ist Zeit, dass das abgeworbene und abgewanderte Humankapital, unsere Lausitzer Jugend, attraktive Bedingungen geboten bekommen, um zurückzukehren. Es ist völlig inakzeptabel, dass die Kommunen damit alleine gelassen werden. Die Antworten des Bundesverkehrsministeriums zur besseren Anbindung der Lausitz und zur Einordnung des zweigleisigen Ausbaus der Bahnstrecke Berlin/Cottbus und die Elektrifizierung bis nach Görlitz in den vordringlichen Bedarf sind völlig unzureichend und zeigen, dass der Bund keinesfalls die Tragweite der energiepolitischen Entscheidungen für die Lausitz erkannt hat. Die Maßnahmen zur dringend erforderlichen Verbesserung der Infrastruktur sind bekannt, es kann sofort begonnen werden, wenn der Wille dazu da ist. Ein deutliches Zeichen der Länder und des Bundes wäre die Ansiedlung öffentlicher Institutionen mit attraktiven Arbeitsplätzen.
Ebenfalls unterstützen wir die Forderung nach einer deutlichen Verbesserung der digitalen Infrastruktur. Das Werben um innovative Unternehmen erfordert eine stabile und vernünftige Netzabdeckung sowie ein industriefestes Internet in der Region. Die so viel beklagte mangelnde Gründerfreundlichkeit in der Lausitz hängt auch damit zusammen, dass junge Menschen eine nicht annähernd akzeptable digitale Infrastruktur vorfinden. Programme zur Versorgung des ländlichen Raums mit 50 Mbit reichen bei Weitem nicht aus.
Wir begrüßen den Vorschlag von Agora Energiewende zur Schaffung eines Strukturfonds, bezweifeln aber, dass die finanzielle Ausstattung sowohl hinsichtlich der Jahressummen als auch für den von Agora Energiewende gewählten Betrachtungszeitraum ausreichend ist. Alleine die Infrastrukturprojekte werden mindestens den geplanten finanziellen Gesamtrahmen ausschöpfen. Die statische Aufteilung des finanziellen Rahmens in jeweils 25 Millionen €/Jahr ist nicht nachvollziehbar und nicht annähernd ausreichend. Unbedingt vermieden werden muss, dass die Handlungsfelder für einen erfolgreichen Strukturwandel untereinander in Konkurrenz um zu knapp bemessene Mittel treten. Eine sinnvolle Verzahnung muss das Ziel sein.

Daher verweisen wir auf unseren Vorschlag, die Lausitz als europäische Modellregion für den Strukturwandel zu etablieren und zu gestalten. Dazu gehört auch, dass langfristig sichere und deutlich attraktivere Förderbedingungen als bisher angeboten werden. Die EU muss jetzt sofort einbezogen werden. Die beihilferechtlichen Regelungen müssen schnellstens angepasst werden. Das ist besonders wichtig vor dem Hintergrund, dass ein schnell voran getriebener Kohleausstieg der Region eine Wertschöpfung von 1 Mrd.€ pro Jahr entzieht. Um ein auch nur annähernd großes Äquivalent zu schaffen, sind Investitionen in Höhe mehrerer Milliarden € erforderlich. Ohne entsprechende Rahmenbedingungen, auch hinsichtlich der Erschließung neuer überregionaler Märkte, wird das nicht gelingen. Einer neuen Klimapolitik, die den Kohleausstieg in Deutschland vorantreibt, muss eine neue Wirtschaftspolitik folgen. An dieser Stelle sei der ehemalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel zitiert: das kostet Milliarden, die Lausitz für die Zeit nach der Kohle fit zu machen.

Die kernbetroffenen Lausitzer Kommunen, die sich im Gebiet des ehemaligen und jetzt noch aktiven Tagebaus befinden, stellen sich den Herausforderungen des Strukturwandels. Das sind wir, als gewählte Mandatsträger der kommunalen Gebietskörperschaften unseren Mitbürgern schuldig. Die Zeit des Abwartens ist vorbei!

Unter dem Eindruck der aktuellen Koalitionsverhandlungen zur Bildung der neuen Bundesregierung und des Strukturwandelkonzeptes von Agora Energiewende, welches auch in den Koalitionsverhandlungen Beachtung finden wird, wird die nächste Beratung der LAUSITZRUNDE am 7.11.2017 in Spremberg vorbereitet. Der Ministerpräsident des Landes Brandenburg Dr. Dietmar Woidke hat seine Teilnahme zugesagt.