Erfolgreich: Konferenz der Lausitzrunde „Innovation als Schlüssel zum Erfolg“
Nachdem wesentliche Forderungen der Lausitzrunde ihren Niederschlag im Abschlussbericht der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung (Kohlekommission) und im Strukturstärkungsgesetz gefunden haben, widmet sich das kommunale Bündnis nun der inhaltlichen Arbeit der von ihr erarbeiteten Clusterstrategie. Dazu fand Ende September die Fachkonferenz „Innovation als Schlüssel“, symbolträchtig im Dock3, dem neuen Kompetenzzentrum für Gründer und Gewerbe am Industriepark Schwarze Pumpe, statt. Über 30 Teilnehmer aus Lausitzer Kommunen, Unternehmen und wissenschaftlichen Institutionen sowie der Landespolitik Brandenburgs und Sachsens nahmen teil.
Christine Herntier, Sprecherin der Lausitzrunde, bezeichnete die Konferenz als einen Erfolg: „Wir haben viel gelernt. Das lag natürlich an den hochkarätigen Beiträgen. Wir konnten durch die Konferenz auch deutlich machen, dass die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Lausitzrunde bereit sind, konkret und praktisch an der Gestaltung unserer Region mitzuwirken. Die Lausitz wurde lange Zeit stiefmütterlich behandelt und bekommt nun ihre Chance.“ Mitstreiter Torsten Pötzsch, Oberbürgermeister von Weißwasser und ebenfalls Sprecher der Lausitzrunde, ergänzte: „Wir wurden darin bestätigt, auf dem richtigen Weg zu sein. Jetzt geht es darum, wie wir uns perspektivisch aufstellen.“
Die Menschen müssen mit einbezogen werden
Wolf Lotter, der sich per Video zur Konferenz zuschalten ließ, eröffnete die Konferenz. Der bekannte deutsch-österreichische Autor und Journalist gilt als Vordenker für wirtschaftliche Prozesse. Er verfolgt das Geschehen in der Lausitz bereits seit einiger Zeit. Lotter machte deutlich, dass es vor allem um die Herzen und Köpfe der Bürger geht, die es zu gewinnen gilt. „Der Bürger ist das Zentrum des Strukturwandels! Die Botschaft an die Lausitzer muss heißen, ja, es kommen Veränderungen, aber diese Veränderungen bringen Euch weiter.“ Wolf Lotter nennt das „barrierefrei denken“. Jeder stellt sich zuerst die Frage, ob das Neue das Alte ersetzen kann. Aber das sei zu kurz gedacht. „Innovation ist immer ein Prozess“, so Lotter. Da ist gut, sich zu fragen: Was kann ich selbst dazu beitragen, um den Strukturwandel erfolgreich zu gestalten? Lotter forderte offene Systeme im Denken und Handeln. „Die Menschen müssen einbezogen werden. Innovation bedeute Erneuerung. Davor muss man keine Angst haben. Allerdings setzt das ein starkes Wir-Gefühl voraus.“
Es hat ein Mentalitätswechsel stattgefunden
Prof. Jörg Steinbach, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg, unterstrich diese Aussage. „Wir sprechen von einem neuen Profil der Lausitz. Das ist eine Riesenchance für ganz Brandenburg und keine Geschichte des Weltuntergangs.“ Er betonte den Prozesscharakter des Strukturwandel, der nicht von abrupten Veränderungen bestimmt wird: „Wir sollten alle zufrieden sein, solange die Kollegen von der Leag noch ihren Job machen. Wenn alle plötzlich neue Stellen in neuen Tätigkeitsfeldern annehmen würden, die zweifellos entstehen werden, wer holt dann noch die Kohle aus dem Tagebau? Wir hätten sofort ein Versorgungsproblem.“ Bezogen auch auf den Veranstaltungsort Dock3 wies er darauf hin, dass Innovation zumeist aus Start-Ups kommt und oft durch außeruniversitäre Forschung. Aber auch die Bestandsunternehmen müssen innovativ werden, mahnte er an. Das Brandenburg mittlerweile, was Start-Ups betrifft, bundesweit auf Platz agiere, sei ermutigend: „Es hat offensichtlich ein Mentalitätswechsel stattgefunden.“ Deutlich brachte der Minister seinen Optimismus auf den Punkt und sprach von einer möglichen „Bajuwarisierung von Brandenburg“. Dabei bezog er sich auf die enorme wirtschaftliche Entwicklung des einst nur landwirtschaftlich geprägten Bundeslandes Bayern. Dort wurde unter Franz-Josef Strauß die Entwicklung in der Fläche vorangetrieben. Prof. Steinbach sieht ähnliche Ansätze in der Lausitz: „Brandenburg wird das neue Bayern.“
Es geht nicht um die Bewahrung von Bestehendem
Prof. Dirk Uwe Sauer von der Rheinisch-Westfälischen Technische Hochschule (RWTH) Aachen und Sprecher des Akademieprojekts „Energiesysteme der Zukunft" (ESYS), referierte anschließend zu Grundsätzen für eine zukunftsfähige Energiewirtschaft und stellte klar: „Die Effizienzsteigerung bestehender Technologien ist nicht zukunftsfähig. Innovation muss Zukunft schaffen und nicht nur Bestehendes bewahren.“ Man müsse in lokale, aber komplexe Wertschöpfungsketten setzen. In der Lausitz seien die Voraussetzungen dafür gegeben. Beispiele seien die Entwicklung von intelligenter Wärmepumpentechnik, die in das Stromnetz integriert wird oder maßgeschneiderte Ölersatz-Produkte. Er zeigte sich überzeugt, dass die Energiewirtschaft der Zukunft viel kleinteiliger funktionieren wird und deshalb auch mehr handwerklichen Einsatz erfordere. Das bedeute die Entstehung von mehr Arbeitsplätzen: „Sie haben in der Lausitz richtig gute Chancen, wenn Sie die Bevölkerung mitnehmen.“
Das Reallabor ist eine einmalige Perspektive
Simon Müller, Leiter der Energiesysteme Enertrag AG, folgt dem Ansatz seiner Vorredner und sprach von einer Umsetzungsperspektive für die Lausitz. Er stellte das Referenzkraftwerk Lausitz „RefLau“ vor. Der Unterschied zu anderen Regionen, so Müller, sei, dass in der Lausitz nicht nur theoretisch geforscht werde, sondern die Region als Reallabor fungiere und Anwendungen modellhaft in der Praxis geprüft werden können. Das sei eine einmalige Perspektive.
Prof. Mario Ragwitz schließlich, Institutsleiter Fraunhofer IEG, der zur Sektorenkopplung als Schlüssel für die nächste Phase der Energiewende in der Lausitz sprach, fasste die Aussagen der Konferenz so zusammen: „Die Lausitz hat die Möglichkeit, sich eine Nische zu suchen und in dieser Nische auf oberste Ebene mitzuspielen.“
In den kommenden Veranstaltungen widmet sich die Lausitzrunde Themen wie der Entwicklungsstrategie für die Lausitz, der Gesundheits- wie auch Kreativwirtschaft und der Bildung im Strukturwandel-Prozess.