Spremberg. Am Donnerstag trafen sich in Spremberg Bürgermeister aus allen deutschen Braunkohlerevieren. Die Stadtoberhäupter befürchten, dass Zukunftsentscheidungen über ihre Köpfe hinweg getroffen werden könnten. Von Jan Siegel
Eine historische erste Begegnung hat es am Donnerstag in Spremberg (Spree-Neiße) gegeben. Dort trafen sich zum ersten Mal Bürgermeister aus allen deutschen Braunkohlerevieren, um ihre Reihen zu schließen für die bevorstehenden Finanzierungs- „Schlachten“ beim anstehenden Kohleausstieg und dem damit verbundenen Strukturwandel. Eingeladen hatte sie Sprembergs Bürgermeisterin Christine Herntier (parteilos) und Weißwassers Bürgermeister Torsten Pötzsch von der Lausitzrunde.

Entscheidungen über die Köpfe hinweg
Die Stadtoberhäupter aus Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen fürchten, dass Zukunftsentscheidungen über ihre Köpfe hinweg getroffen werden könnten. Und tatsächlich sind die Voraussetzungen dafür scheinbar „optimal“, dass Städte und Gemeinden in den Revieren vor der Tür stehen müssen, während Bund und Länder über Geld und Projekte für ihre Zukunft reden. Dabei ist die Situation in allen Revieren ähnlich. Wobei der meiste Handlungsdruck im Rheinischen besteht. Dort sollen in den nächsten drei Jahren 40 Prozent der Kohlekraftwerksleistung vom Netz gehen. „Da bleibt wenig Zeit für lange Debatten“, räumt Sascha Solbach (SPD), der Bürgermeister von Bedburg (Rhein-Erft-Kreis) ein.

Vorteile fürs Rheinland sind die intakte Wirtschaftsstruktur und die seit Langem funktionierenden Zukunftsagenturen, die sich dort um Regionalentwicklung kümmern. „Wir sind fast schon überorganisiert“, scherzt Sascha Solbach.

Einen Schritt weiter sind die Rheinländer auch bei der Regionalplanung. Ihre Landesregierung in Düsseldorf hat den Revieren eine sogenannte „Experimentierklausel“ eingeräumt. Sie bedeutet die Vereinfachung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, ähnlich der Planungsbeschleunigung im Osten nach der Wiedervereinigung.

Kommunen wollen in Strukturent­wicklung eingebunden werden
Die Kommunen, vor allem in Ostdeutschland, aber wissen, dass sie jetzt ihre Stimmen erheben müssen, bevor das Gesetzgebungsverfahren für das Strukturstärkungsgesetz ab September richtig in Gang kommt.

Sie haben daher einige konkrete Forderungen aufgemacht. So wollen sie zwingend bei der Strukturent­wicklung eingebunden und gefragt werden. Es müssten Informationswege festgeschrieben werden. „Bisher erfahren wird von den meisten Vorhaben zum Strukturwandel aus der Zeitung“, sagt Marcel Schneider (parteilos), der Bürgermeister der Stadt Teuchern in Sachsen-Anhalt.

Ostdeutsche Kommunen knapp bei Kasse
Weil gerade in Ostdeutschland viele Kommunen knapp bei Kasse sind, fordern die Bürgermeister auch von ihren Landesregierungen, dass der Strukturwandel in den Revieren zur kommunalen Pflichtaufgabe gemacht wird. Bisher stehen sie als freiwillige Aufgaben in den Kommunalhaushalten im Wettbewerb mit dem Betrieb von Schwimmbädern und Sporthallen. Wenn das Geld fehlt, können sie von der Kommunalaufsicht faktisch einfach weggestrichen werden.

Das dickste Brett aber sind

Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen (SoBEZ.) das ist Bundesgeld, das direkt vom Bund an die Städte und Gemeinden durchgereicht werden kann, um die Kassen der Kommunen zu füllen, damit ihnen Eigenmittel für Förderprojekte zur Verfügung stehen. In Sachen SoBEZ aber winkt das Bundes-Wirtschaftsministerium bisher kategorisch ab.

Link zum Video im mdr.

Bündnis Deutscher Kohlereviere im Strukturwandel