In Abstimmung mit regionalen- und überregionalen Akteuren hat die LAUSITZRUNDE in Ihrer
Beratung am 30.07.2018 ein Forderungspapier verabschiedet, das Rahmen und Leitfaden
der künftigen Arbeit im Lausitzer Revier sein wird.

Modellregion Lausitz
Ideen, Forderungen und Positionen zur Gestaltung des Strukturwandels in der Lausitz

Es herrscht Konsens unter den Teilnehmern der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung, dass die Lausitz im Vergleich zu den anderen Braunkohleregionen in Deutschland die deutlich schlechteren Ausgangsbedingungen hat. Das hängt mit der immer noch hohen Abhängigkeit der Wirtschaft von der Energiebranche und damit von der Braunkohlenförderung und -verstromung zusammen.

Ein Ausstieg aus der Braunkohle in der Lausitz erfordert daher entschlossene industriepolitische und gesellschaftliche Maßnahmen, wenn ein erneuter Strukturbruch wie in den 90er Jahren des vorherigen Jahrhunderts vermieden werden soll.

Die wirtschaftliche Zukunft der Lausitz liegt in der Ausgestaltung als attraktiver Industriestandort. Nur mit einem Angebot von in Vergleich zum heutigen Stand mehr gut bezahlten, tarifgebundenen Industriearbeitsplätzen lässt sich die Lebensqualität der Region sichern.

Ein staatlich verordneter Ausstieg aus der Braunkohle führt zur Abwicklung eines wirtschaftlich erfolgreichen und wettbewerbsfähigen Teils der Energiebranche mit weitreichenden Folgen für die Menschen und die Städte und Gemeinden der Braunkohleregionen. Die Bewältigung der Folgen ist mit den herkömmlichen Instrumenten der Wirtschafts- und Strukturpolitik nicht zu bewältigen.

Außergewöhnliche  Eingriffe in funktionierende Wirtschaftsstrukturen  der Lausitz  erfordern

außergewöhnliche Instrumente und Maßnahmen  bei der Umsetzung und Gestaltung des Strukturwandelprozesses.

In Kontinuität zur Arbeit des kommunalen Bündnisses LAUSITZRUNDE, beginnend mit dem Brief an die Kanzlerin vom 8. Juni 2016 und fortgesetzt in unterschiedlichen Beratungen und Konferenzen zum Thema Auswirkungen der energie- und klimapolitischen Entscheidungen für die Zukunft der Lausitz,  bringen wir nunmehr ein abgestimmtes Papier zur Gestaltung des Strukturwandels in die  Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung ein.

Europäische Modellregion/Wirtschaftszone mit besonderen
Rahmenbedingungen  räumlich und  zeitlich begrenzt

  • Die zentrale Lage der Lausitz im Dreiländerdreieck Deutschland, Polen und Tschechien sowie deren infrastrukturellen Potenziale (Seidenstraße) muss als Standortvorsteil systematisch ausgebaut werden. Dafür ist die Unterstützung der EU und des Bundes erforderlich.
  • Ergebnis sollte ein trilateraler Technologie- und Industriepark sein, der durch Ansiedlung eines Spitzenforschungsinstituts schnell an Attraktivität gewinnen kann.

Entwicklungs- und Beteiligungskonzept
Schaffung von  Wertschöpfungsketten

Wir fordern die Bundesregierung auf, für die Lausitz ein spezielles, den Besonderheiten der Lausitz angepasstes  Entwicklungsund Beteiligungskonzept vorzulegen, dass die Erhaltung der Wertschöpfung  und Beschäftigung im Lausitzer Revier  sowie in den von der Strukturentwicklung direkt betroffenen, Kommunen und Kraftwerksstandorten ermöglicht und für einen mittelfristigen Zeitraum auch absichert.

Dazu gehören:

  • Finanzielle Unterstützung der industriellen Zuliefererbetriebe bei der Entwicklung neuer Geschäftsfelder außerhalb der Braunkohleverstromung und Aufbau neuer Wertschöpfungsketten.
  • Schaffung von Anreizsystemen zum Aufbau neuer Produktionskapazitäten für Erneuerbare Energien in der Lausitz
  • Finanzierung von Innovationsprojekten im Rahmen des Strukturwandels
  • Finanzielle Unterstützung der Unternehmen zur Erschließung von Exportmärkten
  • Zeitlich befristete Öffnung der nationalen und europäischen Förderprogramme für alle vom Strukturwandel betroffenen Unternehmen in der Region  mit Sonderkonditionen in den  Zuwendungsvoraussetzungen ,Förderkonditionen (90/10), Fördergegenständen, örtlichen Geltungsbereichen für Unternehmen, Forschung und Entwicklung sowie Infrastrukturmaßnahmen

Lausitz als Industrie- und  Energieregion

Kraftwerksstandorte „und „Entwicklungszentren“ der Lausitz
zu Technologie- und   Industrieparks entwickeln

Die schnelle und konsequente Entwicklung der Lausitz zu einer modernen Industrieregion mit  hohem Freizeitwert setzt voraus, dass die sächsische und die brandenburgische Lausitz aus einer Hand planen und gestalten.

  •  Dazu sind folgende Maßnahmen notwendig:Umbau und Entwicklung der Braunkohleraftwerksstandorte für die industrielle Nachnutzung, finanziert durch den Bund
  • Finanzierung und sofortiger Beginn von mehrjährigen Investitions- und Ansiedlungsoffensiven für die Lausitz durch  eine gemeinsame Wirtschaftsfördergesellschaft aus Brandenburg und Sachsen mit starker kommunaler Beteiligung,  die den Strukturprozess begleitet,  finanziert aus Bundesmitteln
  • Die Errichtung einer Planungsgemeinschaft Lausitz auf Grundlage eines Staatsvertrages der beiden betroffenen Bundesländer, mit starker kommunaler Beteiligung
  • vordringliche Ausstattung von  Gewerbe- und Industriegebieten und Logistikstandorten  in den  vom Braunkohleausstieg  betroffenen Kommunen mit Glasfaser und dem Mobilfunkstandard 5G sowie  mit dem modernsten Nutzungsstandes für  Strom, Wasser Abwasser, Telekommunikation, Glasfaser, Straßen- und Schienenanbindung, Wasserstraßenanbindung. (Siehe Karte Anlage)
  • Ausweisung und Erschließung  zusammenhängender Flächen für Industrieansiedlungen finanziert ausschließlich aus Bundesmitteln zur Anwendung neuer  Technologischer Verfahren Wasserstoffnutzung/Sektorenkopplung/Speichertechnologien  unter Nutzung der in der Region vorhandenen Kapazitäten an Erneuerbaren Energien sowie vorhandener Verteiler-und Übertragungsnetze.

Angewandte Forschung und Entwicklung

Motor der Innovation in der Lausitz

Universitäre und außeruniversitäre Forschung, Hochschulen und Wirtschaft sollen in der Lausitz deutlich enger zusammenarbeiten, auch in gemeinsamen Einrichtungen vor Ort.
Nur so können vorhandene Cluster weiterentwickelt und neue aufgebaut werden.

Entscheidungen über Standorte der Spitzenforschung müssen künftig die Lausitz berücksichtigen. Hierzu bedarf es klarer Verabredungen unter Einflussnahme des Bundes.

  • Nutzung und Weiterentwicklung der in der Region vorhandenen Kompetenzen auf dem Feld der Energieerzeugung und – Verteilung unter Nutzung von Wasserstofftechnologien und erneuerbarer Energien
  • Referenzkraftwerk Lausitz als Basis für die zukünftige Nutzung ehemaliger Kraftwerksstandorte
  • Ausstattung und Finanzierung von Lehrstühlen mit angewandter Forschung und Entwicklung  an der Universitäten, Hoch- und Fachschulen der Lausitz sowie des engeren Verflechtungsraum zu Wasserstofftechnologien, Stromspeichern/Energiespeichern, Elektromobilität, autonomes und vernetztes Fahren, Digitalisierung der Energieversorgung,
  • Unterstützung der Ansiedlung von praxisorientierten Exzelenzzentren, die durch interessierte Unternehmen und Forschungseinrichtungen betrieben werden im Hinblick auf die Weiterentwicklung von Forschungsergebnisse zu praxistauglichen Innovationen
  • Ansiedlung von außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die sich mit Themen der Umsetzung der Energiewende und dem Ziel einer dekarbonisierten Industriegesellschaft befassen
  • Schaffung einer technisch- humanwissenschaftlichen Forschungseinrichtung mit dem Ziel, in der Lausitz innovative Modelle für die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum zu entwickeln
  • Analytik, Sensorik, Digitalisierung, Medizintechnik und künstliche Intelligenz in einem Smart Hospital zusammenfassen. Universitäre und außeruniversitäre Forschung mit dem größten Lausitzer Krankenhaus koppeln.

Qualifizierungsregion Lausitz

  • Berufliche Qualifizierung und Weiterqualifizierung wird unter Nutzung und Ausbau der vorhandenen Kapazitäten unter dem Dach einer Lausitzakademie zusammengefasst. Ziel ist es, möglichst ortsnah und wo nötig on the Job Arbeitskräfte für neue Berufe, für den Aufstieg im alten Beruf und die Herausforderungen der Digitalisierung zu qualifizieren, aber auch jungen Menschen eine zukunftsfähige berufliche Erstausbildung zu geben. Hochschulen und Fachhochschulen der Region, Berufsbildungseinrichtungen aber auch zertifizierte private Anbieter stellen die Module für ein möglichst dichtes Angebot. Diese Maßnahme soll nachhaltig durch den Bund und die beiden Bundesländer Sachsen und Brandenburg finanziert
  • Beste Bedingungen für die schulische Bildung der Kinder und Jugendlichen schaffen

Infrastruktur und  Wirtschaftsverkehre

Die Infrastruktur der Lausitz ist auf die zukünftigen Anforderungen der Erhaltung der Wertschöpfung  und Arbeitsplätze in der Region auszurichten

  • Einführung einer Infrastruktur-Angebotsplanung in einer Zusatzvereinbarung zum Bundesverkehrswegeplan aus strukturpolitischen Gründen, finanziert aus Bundesmitteln.
  • Massnahmen des Bundesverkehrswegeplanes der Lausitz sind unverzüglich auf Einordnung in vordringlichen Bedarf zu prüfen (Straße, Schiene)
  • Anbindung der Lausitz  an die Metropolregionen Berlin, Dresden, Wroclaw sind in den BVGW  aufzunehmen, bzw.
  • für die Realisierung von   Infrastrukturmaßnahmen mit prioritärer Bedeutung / Anbindung an die Metropolregionen und  Überregionale Verkehrswegenetze der Lausitz sind  in Anlehnung an die grundsätzliche Verfahrensweise des BVWG  finanzielle Mittel durch den Bund  bereitzustellen(Zusatzvereinbarung zum BVWG)

 

Änderungen der regulatorischen Bedingungen in den Genehmigungsverfahren

  • Investitionsbeschleunigung/Vorbereitung und Umsetzung von gewerblichen sowie Infrastrukturinvestitionen
  • Ausnahmereglungen zur Beschleunigung  von Genehmigungen in Vorbereitung von Investitionen/Ansiedlungen/Umweltgutachten/Plangenehmigungen,Grundlagenermittlungen für Investitionsentscheidungen.
  • Beschleunigung der Planungsprozesse in der und für die Lausitz durch auf zunächst 25 Jahre befristete Sonderregelungen wie Fristverkürzung, Verkürzung des Instanzenwegs sowie vorzeitiger Baubeginn vor letztinstanzlicher Entscheidung als Regelfall.

Stärkung der Kommunen

  • Freistellung der vom Strukturwandel betroffenen Kommunen von Kofinanzierungsanteilen bei kommunalen Investitionen in Infrastrukturmaßnahmen,  in Revitalisierungsprogramme zur Stärkung der Innenstädte, und für die Umsetzung moderner Mobilitäts- und Energiekonzepte
  • Verbindliche Kompensation der mit dem Strukturwandel verbundenen Steuerausfälle der Kommunen über einen Zeitraum von 25 Jahren ab 01. Januar 2020
  • Zusätzliche finanzielle Unterstützung bei eigenen Wirtschaftsförderaktivitäten der vom Strukturwandel betroffenen Städte und Gemeinden
  • Finanzierung von Entwicklungsprogrammen für die Lausitzer Städte und Gemeinden, um als attraktiver Wohn- und Lebensstandort eine Alternative zu den Großstädten Berlin – Dresden – Leipzig zu bieten.
  • Finanzielle Stärkung der kommunalen öffentlichen Einrichtungen im Bereich Kita, Schule, Kultureinrichtungen
  • Entwicklung eines attraktiven Nahverkehrsangebots mit Anbindung an die Großstädte auf Basis moderner alternativer Antriebe
  • Umlandbahn für die kernbetroffenen Bereiche der Lausitz, Verknüpfung des Oberzentrums Cottbus mit den Industriestandorten in Schwarze Pumpe und Schwarzheide, den Mittelzentren der Region und den Naherholungsgebieten Spreewald, Lausitzer Seenland und Cottbusser Ostsee
  • Keine Schließung von Kultur- und Sporteinrichtungen
  • Beschäftigungsrelevante Bundes- und Landesinstitutionen in der Lausitz ansiedeln, mindestens je eine Bundesinstitution, sowie je eine Landesinstitution aus Sachsen und Brandenburg.

Regionalfonds „ Lausitz „

Zur Finanzierung der Strukturentwicklung ist ein  Regionalfonds“ Lausitz“ aufzulegen

Vorab   Bereitstellung von finanziellen Mitteln als  Anschubfinanzierung für  Projektentwicklungen von 100 Mio € ab Januar 2019 für die Lausitz.

Begleitung und Steuerung des Strukturwandelprozess

Alle Maßnahmen und Projekte im Zusammenhang mit dem Strukturwandel werden bei Bewilligung und bei ihrer Umsetzung durch ein Steuerungsgremium begleitet, in dem Vertreter des Bundes, der Länder und der betroffenen Kommunen vertreten sind (analog der Braukohlesanierung in den neuen Bundesländern).

In der Lausitz sind für begleitende soziologische und gesellschaftswissenschaftliche Forschungen entsprechende Institute direkt anzusiedeln. Dadurch wird der Anspruch, europäische Modellregion für den Strukturwandel zu sein, unterstrichen und die Akzeptanz bei den betroffenen Bürgern erhöht.

Zeitrahmen/ Zeitkorridor für den  Strukturwandel in der Lausitz

Ein staatlich verordneter Ausstieg aus der Braunkohle führt zur Abwicklung eines wirtschaftlich erfolgreichen und wettbewerbsfähigen Teils der Energiebranche mit weitreichenden Folgen für die Menschen und die Städte und Gemeinden der Braunkohleregionen. Die Bewältigung der Folgen ist mit den herkömmlichen Instrumenten der Wirtschafts- und Strukturpolitik nicht zu bewältigen.

Daher brauchen die betroffenen Städte und Gemeinden der vom Strukturwandel betroffenen Lausitzer Region

  • Ein abgestimmtes Entwicklungsund Beteiligungskonzept des Bundes und der Länder Sachsen und Brandenburg für die Lausitz
  • Einen Zeitrahmen(Zeitkorridorzur Umsetzung des Strukturwandelprozess
  • mit  räumlich befristete Sonderregelungen, um mit finanziellen Anreizen den Folgen des Verlustes von Unternehmen, Arbeitsplätzen und dem Wegzug von jungen Menschen entgegensteuern zu können.

Der Prozess des Strukturwandels soll deutschlandweit einmal jährlich, verbunden mit einer Berichterstattung des Bundes und der Länder durch die Mitglieder der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung bewertet werden, um sofern notwendig, regulierend eingreifen zu können.